Am östlichen Rand des Bauernteiches schliesst sich das Parkgrundstück der Familie Schneider mit dem grossen Wohnhaus an. Hier und in den Nebengebäuden fanden nach dem Krieg viele Menschen Unterschlupf.

Wir Kinder kannten dieses Anwesen nur unter dem Namen „Gravenhorst“, benannt nach den damaligen Besitzern. Hier wohnte unter anderem die Familie Gain, Schmiedemeister Noatsch und die junge Familie Zipperle zur Miete. Hoch unter dem Dach des Hauptgebäudes, in Sperlingslust, residierte Imkermeister Cordes, der bei seiner Arbeit immer von jungen und auffallend hübschen Gehilfinnen unterstützt wurde.
Marianne Gehrke hat Interessantes über die Geschichte des Anwesens zu berichten:
Dieses zweite Rittergut in Woltersdorf ist stets im Besitz der Familie von dem Knesebeck geblieben. Es hat sich erst 1491 gebildet, in dem Mathias v. d. Knesebeck aus dem Hause Colborn, Probst im Kloster Ebstorf, von denen von Wustrow 2½ Hufen zu Woltersdorf, mit lehnsherrlicher Zustimmung des Herzogs Heinrich für 300 Reichstaler und 10 Lüneburger Mark, angekauft hatte.
Zum Gutshof gehörten eine freie und drei pflichtige Hufen. Einen Teil sollen die v. d. Knesebeck schon im Jahre 1400 und 1491 von denen v. Wustrow gekauft haben. Jene hatten in ihrem Lehnsbrief von 1631 „fünf Höfe zu Woltersdorf“ stehen. Das Gut umfaßte zum Schluß über 1000 Morgen Land.
Als Besitzer folgten:
1876 von d. Knesebeck, Georg-Franz, Paridom – Gutsbesitzer
1896 von d. Knesebeck, Bodo, Rittergutsbesitzer und Landrat in Colborn zu Lüchow
Die Chronistin Milli Klatt berichtet (wörtl. Zitat):
„Wenn der – übrigens sehr sympathische – Landrat zuweilen nach Woltersdorf kam, um mit dem Verwalter zu sprechen, blieb seine Frau auf dem Wagen sitzen. Sie war eine bürgerliche Weingutsbesitzerin aus Trier und interessierte sich nicht für die wertvollen alten Möbel, Geweihe und Rokkoko– Kleider, mit denen wir später Theater spielten.“
Die von dem Knesebeck haben das Gut hier nie bewohnt, lediglich der Verwalter war anwesend. Im Kirchenbuch hieß es immer „der hochwohllöbliche Ritter von dem Knesebeck„. An einer Stelle war das „hochwohllöbliche“ durchgestrichen worden, schimmerte aber noch durch. Wahrscheinlich war es dem damaligen Pastor zu viel geworden mit den unehelichen Kindern des Gutsherrn, die er im Dorf hinterlassen hatte. 1921 wurde das Gut zur Hälfte veräußert. Bauern aus der Umgebung, also Woltersdorf, Tarmitz und Kolborn kauften die Ländereien auf.

Als letzter Besitzer der von dem Knesebeck waren drei unverheiratete Damen bekannt. Sie haben den größten Teil ihres Erbes für Prozeß- und Advokatenkosten aufwenden müssen, den Rest des Vermögens nahm die Inflation, der gewaltige Landbesitz mußte verkauft werden.
Nur die jüngste Tochter lebte allein in der „Villa Colborn“ auf dem Kolborner Berg und die Leute erzählten sich, sie wäre so arm gewesen, daß sie sich nicht einmal mehr eine Wäscheleine hätte kaufen können und darum ihre Wäsche auf den Reh- und Hirschgeweihen ihres Vaters habe trocknen müssen.
Weitere Besitzer:
1924 von dem Knesebeck, Gertrud – Rittergutsbesitzerin
Dr. K o c h – Regierungsassessor u. Landrat
G r a f, Wilhelm – Generalobervetr. a.D.
1929 D e h n, Elsbeth u. Sohn – Fabrikantenwitwe
1930 L o r e n z, Alfred – Tischler
1934 Stadtsparkasse Lüchow
1934 Gravenhorst, Adolf
“ Dr., Marie Frl. – Samenkontrollassistentin
“ Else Frl.
“ Adolf – Landwirt in Lüchow
“ Else Frl. – techn. Assistentin, Oldenburg
1959 Schneider, Gustav und Hertha und bis heute Sohn Manfred.
