Das Kapellenhaus in Woltersdorf steht an der alten Dorfstraße, dicht bei dem, in einem alten Garten zurückliegenden Pfarrhaus. Das Gebäude, das wir heute sehen, besteht aus einem gotischen Kapellenturm und dem eigentlichen Kapellenhaus.
Wann in Woltersdorf erstmals eine Kapelle gebaut wurde, läßt sich nicht nachweisen. Man vermutet aber, daß hier schon im 15. Jahrhundert eine Kapelle stand, die wahrscheinlich von Edelleuten gestiftet wurde. Der Kirchherr oder Pfarrer wird zuerst im Wustrower Erbregister von 1476 genannt. Dieses berichtet unter “Woltersdorf”:
„Der Kirchherr selbst, wer der ist oder wird, hat von uns von Wustrow daselbst zu Woltersdorf 6 Scheƒel Roggen zur Reute (Ernte), dafür soll er alle Sonnabend vor „Unser lieben Frauen Marientage“, 2. Februar (Reinigung), 25. März (Verkündigung), 2. Juli (Heimsuchung), 15. August (Himmelfahrt), 8. September (M. Geburt), 21. November (Opferung), 8. Dezember (Empfängnis), im Dorfe in der Kapelle Messe halten und derer von Wustrow gedenken.“Dazu der Nachsatz vom Jahre 1677: „Ist auf gut catholisch nun mehro aber unterbrochen, weil die von Wustrow ganz ausgestorben sind.“
Nach den Eintragungen im Kirchenbuch war die Kapelle ein schmuckloser Feldsteinbau, der 11 Schritt lang und 10 Schritt breit war. Das Innere bestand zum größten Teil aus einem Grabgewölbe der Familie von dem Bussche, die für die Gruft die Hälfte der anfallenden Reparaturen an dem Haus tragen mußte. Über dem Grabgewölbe stand der Altar und die Kanzel. Für die Gemeinde gab es nur wenig Platz.
Im Jahre 1858 wurde das Kapellenhaus durch einen Brand zerstört. Das Feuer griff auch auf die Wirtschaftsgebäude der Pfarre über. Nur dem mutigen Einsatz des damals amtierenden Pastors Seidel ist es zu verdanken, daß die Kirchenbücher und die Kirchengerätschaften aus den brennenden Gebäuden gerettet wurden.
Erst 1876 wurde an gleicher Stelle – es wuchsen bereits Bäume dort – ein kleiner gotischer Glockenturm errichtet.
An den Wiederaufbau der Kapelle war aus Geldmangel zunächst nicht zu denken, vielmehr ging es darum, daß die Glocke nach altem Brauch wieder einen würdigen Platz erhielt. Die Kosten für den Turmbau beliefen sich auf 2330 Mark.
Lange Jahre hindurch hat dieser Turm dort einsam gestanden und die Woltersdorfer mit seiner Glocke zu ihrer Feldkirche gerufen. Glockengeläut begleitete auch die Verstorbenen auf ihrem letzten Gang aus dem Dorf zum Friedhof.
Erst am 28. Mai 1913 wird der Grundstein für die neue Kapelle gelegt, die feierliche Einweihung vollzieht sich dann am 18. Januar 1914. Das neue Bauwerk, das sich unmittelbar an den vorhandenen Kapellenturm anlehnt, enthält einen geräumigen Vorplatz, einen kirchenmäßig ausgestatteten Saal mit über dem Vorplatz zurückspringender Empore, ein Konfirmandenzimmer und einen Vorratsraum.
In den letzten Wochen des 2. Weltkrieges wurde der Turm und die Kapelle, in der Nacht vom 21. auf den 22. April 1945, durch Geschützfeuer der auf Berlin vorrückenden, amerikanischen Truppen schwer beschädigt. Kurz zuvor hatten zurückweichende SS-Einheiten das Dorf noch besetzt gehalten.
Erst 11 Jahre später erhielt der Glockenturm, den ursprünglich ein stattliches Spitzdach zierte, mit staatlicher und kirchlicher Hilfe ein neues Dach in abgeflachter Form.
In den ersten Jahren nach dem Krieg, wurden in einem Raum der Kapelle, dem man der Schule zur Verfügung gestellt hatte, behelfsmäßig die Erstklässler unterrichtet.
In dem Hannoverschen Pfarrbuch steht zu lesen:
„Kapelle im Gemeindehause zu Woltersdorf mit 250 Sitzplätzen, Akustik in der Kapelle gut, Heizung in der Kapelle mit Kachelöfen.“